Krawallpolitik in Schwaben #S21

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Ich kenne den Stuttgarter Bahnhof.  Er ist Mist. Es ist wirklich kein Luxus, in der Schwabenmetropole einen Bahnhof des 21. Jahrhunderts zu bauen. Das wäre ein Signal für eine Verkehrspolitik des 21. Jahrhunderts. Deshalb fand ich das Projekt Stuttgart 21 zunächst sehr gut und spannend – bei aller Gigantomanie. Das Konzept hat schon viel Visionäres. Bei einem Zwischenhalt in Stuttgart habe ich mir die Pläne im Tower angeschaut und war begeistert. Aber ich bin ja ein Fremder, ein Saarländer, weiß nicht Bescheid über die Lage im Schwabenland.

Jedenfalls wunderte ich mich über die  ersten Proteste, die ich zunächst als Krawallproteste verbohrter Spinner angesehen habe. (Ob das richtig oder falsch war, weiß ich nicht. Es ist auch nicht mehr wichtig.) Das war zu einem Zeitpunkt, zu dem man das Projekt noch hätte retten (oder ändern) können. Doch an Änderungen dachten die Macher und Visionäre gar nicht. Sie hatten schon zu viel investiert. Ideen. Und Machtbewusstsein. Sie wollten es allen Anderen in Deutschland zeigen – vor allem den Weicheiern in der Merkel-CDU.

Es war nämlich auch die Zeit, als es in Deutschland um die Frage ging, wie konservativ diese Gesellschaft sein solle oder sein müsse und wie sehr dieser Konservatismus in der CDU ausgeprägt sein sollte. Es waren Politiker wie Ministerpräsident Stefan  Mappus, die den Sheriff herauskehrten und der CDU empfahlen, mit Law and Order und Konsequenz wieder konservative Kante zu zeigen. Ich war  anderer Meinung, weil ich die CDU für eine Partei der Mitte halte, aber das steht auf einem anderen Blatt und einer anderen Webseite. Dort habe ich über „Anti-Merkels Schwarzwurzelkrieger“ geschrieben.

Jetzt zeigt dieser Stefan Mappus mit seinem Innenminister Rech Kante und Pfefferspray und Wasserwerfer und setzt sie auch ein, dazu harte Handkante der Ordnungsmacht. Für Menschen aus anderen Bundesländern ein geradezu absurdes Schauspiel, dass sich schwer bewaffnete Sondereinsatzkräfte der Polizei mit Helmen und Visieren unbewaffneten Bürgern entgegenstellen. Wir fragen uns: Was ist da los? Sind wir im falschen Film? Menschen aller Altersklassen, aller Schichten, mit Regenjacken geschützt, mit Regenschirmen bewaffnet, stehen einer Armada von Wasserwerfern gegenüber und werden wie einst in Wackersdorf von imposanten Verteidigern des staatlichen Gewaltmonopols aus einem Park gedrängt, gejagt – mit unfairsten Methoden.

Ich dachte mal, das sei Krawallprotest bei Stuttgart 21. Jetzt sehe ich: Das ist Krawallpolitik, verantwortet von einem Innenminister Rech, der sich im ZDF als völlig überforderter, hypernervöser Dickschädel darstellt. Ich nehme an , Stefan Mappus ist von ähnlichem Kaliber. Verbal war er das jedenfalls immer.

Souverän ist anders. Christlich auch. Und demokratisch leider auch.

Viele Grüße von einem souverän denkenden Christdemokraten aus dem Saarland. Vergesst S21. So wird das nichts mehr. Selbst, wenn ihr’s durchpeitscht.

P.S.:

In meinem Blog vom 8. Mai 2010 steht unter anderem:

„Vom Anti-Merkel-Krisentreffen am Tag nach der NRW-Wahl ist die Rede im Handelsblatt und bei der Welt. Berliner Jagdsaison beim Schwarzwild? Treib(er)ts nicht so doll, die Schüsse könnten nach hinten losgehen oder als Querschläger landen….

Wozu die Scharfmacherei führen kann, sehen wir doch bei unseren kirchlichen Brüdern derzeit überdeutlich: der Absturzschmerz steigt mit der Fallhöhe.“

Und Hochmut kommt vor dem Fall.

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3 Antworten zu „Krawallpolitik in Schwaben #S21”.

  1. Avatar von Christian Petry

    In der Tat. Das subtile Vorgehen bei S21 erinnert stark am Wackersdorf und Startbahn West; Staatsmacht vs Bürgertum. Und in Stuttgart sind wohl mehr „Konservative“ auf der Straße, als man üblicherweise erwartet. Ich seh’s auch so: S21 ist egalwas draus wird, jetzt schon gescheitert! Stuttgart hat dennoch eine bessere Verkehrssituation(-politik) verdient‘
    PS. Hab zwar selbst gegen die Startbahn West demonstriert, bin aber schon öftern über selbige angeflogen!

  2. Avatar von DeDitte

    Danke für den sachlichen Kommentar! Sehe ich auch so.

  3. Avatar von Saarlandman

    Stefan Mappus ist zwar neu im Amt als Ministerpräsident, nicht jedoch neu in der Politik.
    Als Anfängerfehler lassen sich die Fehleinschätzungen und das überzogende Handeln des Öttinger-Nachfolgers also kaum erklären.
    Wie konnte es also soweit kommen, dass wir nun Bilder im Fernsehen, im Internet und in den Gazetten sehen, die wir tatsächlich in dieser Form seit den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr kannten?
    Ich befürchte, hier wird erneut das Symptom einer schleichenden Krankheit deutlich. Einer Krankheit, die mittlerweile bei zu vielen Landes- und Bundespolitikern aller Couleur grassiert – und die offenbar ganz massiv das Gehör befällt.
    Mappus – der (sofern man Wikipedia Gauben schenken mag) außerhalb der Politik gerade mal maximal vier Jahre gearbeitet hat – hat kein Ohr am Volk.
    Hätte er doch gerade als evangelischer Christ nur mal einen Blick in Martin Luthers „Sendbrief vom Dolmetschen“ geworfen. Vielleicht wüsste er dann, wie wichtig es ist, „dem Volk aufs Maul zu schauen“.
    Und vielleicht hätte er dann ahnen können, welches Konfliktpotenzial sich langsam aufgebaut, um sich letztendlich nun vor dem Hintergrund gigantischer Bagger und Abrissbirnen in wütenden Protesten zu entladen.
    Es wäre ihm möglicherweise dann ein Leichtes gewesen, ganz als souveräner Landesvater zu moderieren und die Brisanz aus der Diskussion nehmen. Aber leider – die Zeit der Landesväter scheint lange vorbei.
    Die Zeit der Sheriffs, die Zeit der Hardliner hat im Ländle begonnen.
    Es bleibt abzuwarten, wie weit unsere politischen Freunde in Baden-Württemberg damit kommen. Ich habe da so einige Befürchtungen…

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